Im Glanz der Ewigkeit
Merkwürdigkeiten mittelalterlicher Reliquien
© Thomas Ritter, Possendorf
Im mittelalterlichen Glaubensverständnis bildeten die
Heiligen, die ihren Ruf, großen Tugenden, Festigkeit
im Glauben und dem Märtyrertod verdankten, das
Fundament des „Himmlischen Jerusalem“.
Sie waren „lapides vivi“ - die „lebendigen Steine“ im
Tempel Gottes.
Legenden und Wundergeschichten verbreiteten
ebenso wie Bildwerke und Gemälde ihr Ansehen.
Den Reliquien - also den leiblichen Überresten von
Heiligen oder den Überbleibseln von Gegenständen,
mit denen Jesus und Maria in Berührung gekommen
sein sollen - sprach man damals wundertätige Kräfte
zu, und hoffte, an ihrer Heilkraft Anteil zu erlangen.
Deshalb galten im Mittel alter Reliquien mehr als Gold
oder edle Steine. Sie wurden verehrt, gesammelt,
gehandelt, gefälscht und manchmal auch gestohlen.
Zahlreiche dieser Reliquien sind jedoch von einer
sehr merkwürdigen Beschaffenheit.
Dennoch ist es schwer, sie ohne weiteres als Anachronismen zu erkennen. Man muss schon Zeit-genosse
von Dingen sein, um sie anhand ihrer Funktion oder
ihres bloßen Aussehens einordnen zu können, oder
aber ein Spätgeborener, der von ihnen aus Überlieferungen
weiß. Dem Frühgeborenen werden diese
Gegenstände allenfalls als Kuriositäten erscheinen
- als magische oder heilige Gegenstände, ganz nach
seiner Religiosität oder wissenschaftlichen Bildung.
In der Tat gibt es Hinweise darauf, dass im westlichen
Mittelmeerraum in prähistorischer Zeit ein Ereignis stattgefunden
hat, das man als „Zeitfraktur“ oder „Kontakt“ im Sinne der Paläo-SETI-These bezeichnen könnte. Es handelt
sich um merkwürdige Funde, die im Küstengebiet
von Südspanien und Süditalien, auf Malta, Sardinien,
Korsika, den Balearen und auf Sizilien gemacht wurden.
Wegen ihrer nahezu unzerstörbaren Beschaffenheit
und Unerklärlichkeit verehrte man diese
Gegenstände allenthalben als Reliquien und verehrt sie
zum Teil noch heute.
Es handelt sich dabei in der Regel um Bruchstücke
eines leichten Materials von schmutzigweißer bis
gelblichbrauner Färbung, das man für sehr altes
Elfenbein halten kann oder für die Überreste von
Totenschädeln und Knochen, die das Meer und der
Sand in Jahrhunderten glattgeschliffen und bis zur
Unkenntlichkeit deformiert haben. Desto leichter findet
die Fantasie Anreiz, in diese Fragmente Gestalt,
Geschichtlichkeit, ja sogar Heiligkeit zu legen, und sie
als wunderbarerweise gerettete Körperteile aller möglichen
Heiligen der christlichen Mythologie zu interpretieren,
die einst auf Erden wandelten.
• So wird in San Lorenzo unweit von Reggio in Kalabrien seit mehr als fünfhundert Jahren ein etwa zwanzig
Zentimeter langes Stück dieses Materials als der
Zeigefinger des Propheten Jeremias verehrt.
• In Algeciras bei Gibraltar bewahrt man ein Bruchstück von quadratischer Form und ca. zwölf Zentimetern Seitenlänge als Reliquie auf, die angeblich die
Schädeldecke Johannes des Täufers darstellt, dessen
abgeschlagenes Haupt auf wunderbare Weise an
spanische Gestade geschwemmt worden sein soll.
• Auf Sizilien ruhen in mindestens siebenunddreißig
Kirchen vorgebliche Finger- und Zehenknochen,
Ober- und Unterkiefer, Rippen und Schienbeine aus
dem gleichen Material, die von mehr als zwanzig verschiedenen Heiligen, Propheten und ähnlichen Männern stammen sollen, die sich um den christlichen
Glauben verdient gemacht haben.
Doch nicht nur im Mittelmeerraum finden sich Proben
dieses merkwürdigen Materials. Auch im Kloster
Sankt Marienstern bei Kamenz in Sachsen werden
mehrere solcher Reliquien aufbewahrt.
Die Zisterzienserinnen-Abtei St. Marienstern liegt am
westlichen Rand eines alten sorbischen Siedlungsgebietes und kann heute auf eine mehr als 750 Jahre
währende, ununterbrochene Klostergeschichte zurückblicken.
Dies ist ein sehr seltener Fall von historischer
Kontinuität.
Im Jahr 1248 gründeten einige Mitglieder der Adelsfamilie von Kamenz diesen Nonnenstift nach der
Regel der Zisterzienser. Besonders verdient um die
Gründung des Klosters machte sich Bernhard III. von
Kamenz, der eine außergewöhnliche geistliche Karriere
durchlief. Nach seinem Studium an einer italienischen
Universität bekleidete er in den sechziger und
siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts Ämter im
Domkapitel von Meißen. In den Jahren 1279 bis 1290
lebte Bernhard am Hofe Heinrichs IV. von Schlesien
als dessen Kanzler, später stand er im politischen
Dienst König Wenzels II. von Böhmen. Im Jahr 1293
wurde Bernhard zum Bischof von Meißen gewählt.
Als er 1296 starb, fand der Geistliche sein Grab in
dem von ihm gestifteten Kloster Marienstern.
Zu Lebzeiten hatte Bern hard III. von Kamenz für sein
Kloster einen großen geistlichen Schatz an Reliquien
erworben. Kostbarstes Geschenk an das Kloster war
ein „Splitter vom Kreuz Christi“, den Bernhard in
Italien in einem im 11. Jahrhundert in Byzanz geschaffenen
Klappaltar erwarb.
Er gab auch sogenannte „sprechende Reliquiare“ in
Auftrag, die in ihren Formen die Körperteile der Reliquien
abbilden, die sich in ihrem Innern befinden:
Arme, Finger und Rippen.
Zu den wertvollsten Reliquien des Klosters St. Marienstern gehören die Schädel reliquien Johannes des Täufers
und des hl. Jakobus. In Algeciras erwarb Bernhard III.
zwei etwa daumennagelgroße Stücke vom bereits erwähnten
„Schädeldach Johannes des Täufers“.
Aus Venedig dürften die vorgeblichen Bruchstücke
vom Schädel des hl. Jakobus stammen. In Prag wurden
diese Reliquien in kostbare Gefäße aus Gold und
Silber eingefügt, wobei Öffnungen die Reliquien sicht- und
berührbar ließen.
Die Johannesbüste und das Jakobushaupt sind
Meisterwerke der gotischen Plastik.
Im Gegensatz zu den meisten Reliquien aus dem
merkwürdigen Material können die Reliquien von
Johannes dem Täufer und dem hl. Jakobus noch
heute in der Schatzkammer des Klosters St.- Marienstern
öffentlich besichtigt werden.
Nun könnten diese Bruchstücke aus einem weißlichen
Material eigentlich nur Kuriositäten eines übertriebenen
mittelalterlichen Reliquienkultes sein, wenn
sie nicht einige äußerst interessante Besonderheiten
aufweisen würden, die je doch erst in der zweiten Hälfte
des zwanzigsten Jahr- hunderts entdeckt wurden.
Auch die Verantwortlichen im Vatikan hatten erkannt,
dass die Reliquienverehrung im Laufe der Jahrhunderte
zum Teil groteske Formen angenommen hatte.
Wolle man alle „Splitter des wahren Kreuzes“ zu sammenfügen, so müsste der Heiland nicht nur an einem, sondern gleich an einem Dutzend dieser Marterinstrumente gekreuzigt worden sein.
Ähnlich verhielt es sich mit den Knochen diverser Heiliger,
die nach der vorhandenen Menge ihrer irdischen
Hinterlassenschaften wohl mehrere Tonnen gewogen
haben müssten.
So war seit 1961 auf Geheiß des Papstes Johannes
XXIII. eine vatikanische Gelehrtenkommission damit
beauftragt, sehr diskret den Reliquiendschungel auszuforsten. Es sollten in erster Linie jene Fälle untersucht
werden, die der Verehrung unwürdig, weil
abgeschmackt, peinlich oder gar lächerlich seien.
Im Verlauf von mehr als fünf Jahren trug die Kommission
3.786 derartige Fälle zusammen. Davon sollten
nach ihrer Empfehlung 1.284 Stück tunlichst dem sofortigen
Vergessen anheim gegeben werden. Bei
1.544 weiteren Reliquien wurde von einer Duldung
der Verehrung auf längere Sicht abgeraten.
Lediglich 958 Reliquien sollten weiter stillschweigend
geduldet werden, jedoch nur in Ausnahme- fällen offiziell
erwähnt werden dürfen. Zu diesen Reliquien
zählten auch das Schädeldach Johannes des Täufers
und die Schädelreliquie des hl. Jakobus.
Ein unerwartetes Ergebnis der Nachforschungen war
die Tatsache, dass in mehr als eintausend Fällen die
Reliquien aus einem Material von schmutzigweißer bis
gelblichbrauner Färbung bestanden. Dieses Material
wurden seinem Aussehen nach regelmäßig „wie sehr
altes, rissiges Elfenbein“ beschrieben.
Die päpstliche Kommission übergab Proben dieses
Materials an das physikalische Kabinett des Vatikans,
wo sie mit modernen Methoden, unter anderem auch mit der damals gerade neu eingeführten Radiokarbonmethode, untersucht wurden.
Überraschenderweise verliefen sämtliche Tests nach
der Radiokarbonmethode negativ. Sofern es sich bei
den Proben um organisches Material handelte, also
um Knochen, Elfenbein oder selbst Bernstein, musste
das Material älter als dreißigtausend Jahre sein, denn
weiter reichte die Datierung nach diesem Verfahren
damals noch nicht in die Vergangenheit zurück.
Es konnte sich demnach keineswegs um den Zeigefinger des Propheten Jeremias, die Schädeldecke
Johannes des Täufers, den rechten Fußknochen der
hl. Genoveva oder um das Brustbein des hl. Paulus
handeln.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass es sich bei
dem Material weder um eine organische, noch um
eine anorganische Substanz handelt, sondern um
einen synthetisch hergestellten Stoff.
Bei den Untersuchungen der vatikanischen Kommission blieb allerdings die Frage offen, wie viele Jahrhunderte vor der eigentlichen Erfindung der Kunststoffe derartiges Material überhaupt auftauchen
konnte, das überdies zum Zeitpunkt seiner Entdeckung
bereits Spuren eines extrem hohen Alters aufwies.
Zur Beantwortung dieser Frage allerdings vermag die
Paläo-SETI-These herangezogen werden.
Folgende Erklärungsmodelle für den Ursprung des
Materials bieten sich an:
1. Bei den Gegenständen aus diesem Material handelt
es sich um die bis zur Unkenntlichkeit deformierten
Hinterlassenschaften einer frühen irdischen
Hochkultur, die vor der heutigen Menschheit den
Planeten besiedelte und eine der unseren vergleichbare
Zivilisation entwickelte.
2. Das Material ist außerirdischen Ursprungs und Hinterlassenschaft
fremder, raumfahrender Intelligenzen,
die in der Vorzeit unseren Planeten besuchten.
3. Die Gegenstände aus dem betreffenden Material
sind irdischen Ursprungs. Sie sind Überreste einer in
die Vorzeit unternommenen Zeitreise, die von unserer
eigenen irdischen Zivilisation durchgeführt wurde.
Um diese Erklärungsmodelle zu überprüfen, bedarf es
zwingend weiterer Untersuchungen der betreffenden
Materialproben.
Ob das gegenwärtige „Tauwetter“ im Vatikan solche
Untersuchungen ermöglicht, wird die Zukunft zeigen.
Literaturverzeichnis
Däniken, Erich von: Erinnerungen an die Zukunft,
Econ, D’dorf 1968
Däniken, Erich von: Erscheinungen,
Econ, Düsseldorf, 1974
Fiebag, Johannes: Die Mimikry-Hypothese,
Ancient Skies, Heft IV/1990
Magirus, Heinrich: Im Glanz der Ewigkeit
Winzeler, Marius: Kunstwerke im Kloster St. Marienstern,
Halle/S. 1999
Weiterhin fand die das Thema betreffende Korrespondenz
des Autors mit vatikanischen Geistlichen und Gelehrten
aus den Jahren 1990, 1993 und 1999 / 2000 Eingang in
die vorliegende Arbeit.
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