Ein Portal in eine andere Dimension?

 

Der Buchautor Jens Eitiger (Pseudonym) beschäftigt sich seit Jahrzenten mit und auf dem breit gefächerten Gebiet des Paranormalen. Insbesondere mit dem sog. Tonbandstimmen-Phänomen als auch mit dem Phänomen von Spuk und Spukerscheinungen.
Er selbst betont dabei stets, dass er sich keineswegs als "Geisterjäger" sieht, und möchte auch nicht so bezeichnet werden. "Geister(-Er-)Forscher trifft's schon eher", sagt er über sich selbst aus. "Ich werde von Menschen kontaktiert, die irgendwie von mir und meiner Tätigkeit erfahren haben, dann fahre ich zu ihnen hin, stelle meine Untersuchungen an, und, naja, bisweilen kommt es dabei auch zu echt haarsträubenden Ergebnissen. Aus diesem Grund möchte ich für meine beiden bisherigen Bücher - für die ich leider noch keinen Verlag gefunden habe - hier natürlich auch ein bisschen Werbung machen und bedanke mich dafür, dass mir J.d.I. die Möglichkeit dazu angeboten hat. Dass nahezu überall auf der Welt seltsame Dinge vor sich gehen, die niemand erklären kann, ist sicher nichts neues. Für diesen Beitrag hier habe ich aus meinen beiden Büchern jeweils ein Kapitel verwendet, weil der eine mit dem anderen eng miteinander verwoben sind.

Vom Hoia Baciu Wald (Rumänien) las ich zunächst auf einigen Webseiten im Internet. Aus diesem Grund möchte ich meinen Bericht auch mit einer Zusammenfassung meiner Internet-Recherche beginnen. Doch was mir dannach persönlich vor Ort widerfuhr, jagt mir heute noch einen eiskalten Schauer über den Rücken. Aber lest selbst ..."

Rumänien darf in dieser Liste (gemeint ist die Sammlung des Autors mit Orten paranormalet Aktivitäten) natürlich nicht fehlen. Ist dieses Land schließlich Ort und Schauplatz von Dracula, und eine der bekanntesten Gruselgeschichten.
In der Originalgeschichte von Bram Stoker treibt der Vampir auf Schloss Bran sein Unwesen. Das Schloss wurde 1388 erbaut und diente eigentlich als Grenzeinheit Transsilvaniens zur Verteidigung und zum Treiben von Handel.

Nicht zu verwechseln ist das Schloss mit dem Sitz von Vlad III., der als Vorlage für Bram Stokers Vampirgrafen gedient haben soll.

Rumänien hat jedoch noch mehr an Grusel zu bieten: Der Hoia Baciu Wald gilt als der unheimlichste Wald der Welt, in dem es am meisten spukt.
Man erzählt sich von Menschen, die spurlos verschwinden, Geister, Aliens und von einem Tor in eine andere Dimension – wenn man im Internet nach dem Wald „Hoia Baciu“ sucht, stößt man auf die unheimlichsten Stories, die man sich vorstellen kann.

Eigentlich verwundert es nicht, dass der angeblich unheimlichste Wald der Welt – so wird Hoia Baciu von zahlreichen Quellen bezeichnet – in Rumänien liegt. Rumänien bietet die perfekte Kulisse für schaurige Legenden und Geschichten.

Die gruselige Geschichte des Hoia Baciu Waldes begann bereits im Jahr 1968 mit einem Bild des Fotografen Emil Barnea (siehe Abbildung oben). Darauf ist ein senkrechter Lichtstrahl über dem Wald zu sehen - als würde ein UFO dort landen. Seitdem berichteten Anwohner immer öfter von ungewöhnlichen Lichtschauspielen über dem Gelände.


Das ist jedoch bei weitem nicht das Einzige, was an diesem Ort seltsam ist. Da wäre noch ein großer Kreis in der Mitte des Waldes, auf dem keine einzige Pflanze wächst. Es heißt, dass es sich bei dem Fleck um ein Portal handeln würde, das in eine andere Dimension führen soll. (Abb. rechts oben)
Und dann wären da noch diese Bäume. Aus nicht geklärten Gründen wachsen sie in einem großen Bogen am Boden entlang. Über 400 davon stehen im Hoia Baciu Wald. (Abb. re.u)

Wenige Kilometer entfernt von Klausenburg, der zweitgrößten Stadt Rumäniens, befindet sich der Wald „Hoia Baciu“, der auch als das Bermuda-Dreieck Europas bezeichnet wird. In diesem Wald sollen angeblich schon zahlreiche Menschen verschwunden sein. Wanderer berichten immer wieder von unheimlichen Sichtungen im Wald und von ungewöhnlichen Objekten am Himmel. Teilweise auf Fotos festgehalten. Die bekanntesten Bilder stammen vom Biologen Alexandru Sift, der in den 1960ger-Jahren durch die unheimlichen Geschichten der Einheimischen auf den Wald aufmerksam wurde. Vorstehend einige seiner Bilder.
Er machte Aufnahmen, die seltsame Objekte am Himmel zeigen. Und für viele seiner Sichtungen gibt es noch immer keine Erklärung.
Eine andere Geschichte rankt sich um ein kleines Mädchen, das angeblich eines Tages im Wald verschwand. Als man das Kind nach fünf Jahren wiedergefunden hatte, trug sie noch immer die gleiche Kleidung wie am Tag ihres Verschwindens. Viel zu diesem mysteriösen Vorfall konnte sie allerdings nicht aussagen, denn sie konnte sich an nichts erinnern.
Wahrscheinlich ist diese Geschichte der Grund dafür, dass Einheimische die große Lichtung inmitten des Waldes als Tor in eine andere Dimension bezeichnen. Angeblich wächst in diesem nahezu perfekten Kreis nichts, und niemand kann sich erklären, warum das so ist
Benannt wurde der Wald nach einem Schäfer, der dort einst samt seiner 200 Schafe spurlos verschwand.

Soviel zur Einstimmung, lassen wir den Autor nun selbst erzählen ...

Vom Hoia-Baciu-Wald hatte ich hier und da gelesen. Laut Zeitungsberichten und diversen Beiträgen in einschlägigen Internet-Foren war von nächtlichen, seltsamen Lichterscheinungen zu lesen, für die niemand eine plausible Erklärung zu haben schien. Das heißt, „Erklärungen“ der sonderbaren Art gab es natürlich schon: von unbekannten Flugobjekten bis hin zu Geist- und anderweitigen Spuk-Erscheinungen ließ man großenteils der eigenen Fantasie freien Lauf. Aber auch ernster zu nehmende Vermutungen, worum es sich bei den Lichtern im Hoia-Baciu-Wald handeln könnte, boten vielfältige Diskusionsfläche. Am interessantesten erschienen mir die Einträge (auf verschiedenen Internetforen), in denen von sog. „Orbs“ die Rede war. Diese Orbs sind nicht nur ein viel umstrittenes Thema, sondern erregen mein besonderes Interesse. Grund: meine eigene Sichtung solcher „Objekte“. Und auch selber mit meiner Kleinbildkamere aufgenommene runde,'transparent-leuchtende' kugelförmige Objekte unbekannten Ursprungs.
Hierzu kurz: Ich war zur Taufe des neuen Erdenbürgers (Baby einer Nachbarfamilie) eingeladen. Wie üblich zu derlei Anlässen wurde fotografiert, was das Zeug hielt, vorwiegend natürlich der kleine Mann, dem das ganze Tohuwabohu rings um ihn herum allerdings ziemlich egal zu sein schien. Die meiste Zeit schlief der kleine Mann, aber war er mal kurzzeitig wach, konnte er sich der Aufmerksamkeit aller sicher sein. Und wer seinen Fotoapparart während dieser Wachphasen des neuen Erdenbürgers rechtzeitig zur Hand hatte, der nutzte auch prompt die Gunst der Stunde. Auch mir gelangen ein ums andere Mal recht „süße“ Aufnahmen, auf denen späterhin eben solche Orbs sichtbar waren: Mal einzeln links oder rechts von dem kleinen Gesichtchen, dann wieder oberhalb seines Köpfchens, oder auch gleich von einem kleinen Schwarm dieser Orbs umkreist.

Bei anderer Gelegenheit fotografierte eine andere Nachbarin ihren Hund. Auf mehreren der von ihr gemachten Fotos waren ebenfalls Orbs zu erkennen.

Aber erst einmal zurück in den Hoia-Baciu-Wald. Und das nicht nur der Orbs wegen.

Nachvollziehbar erschien mir auch die Möglichkeit, dass sich irgendwelche Witzbolde einen Spaß daraus machen würden, nächtens mit ihren Taschenlampen den ansonsten friedvoll wirkenden Hoia-Baciu-Wald zum Spuk- und Geisterwald machen zu wollen.
Scheinwerfer von am Waldrand vorbei fahrenden Autos wurden ebenso debattiert, wie die Möglichkeit, dass die „Lichter“ auch Augenpaare von Tieren sein könnten, die das Licht von irgendwelchen Lichtquellen reflektierten.
Alles durchaus im Rahmen des Möglichen. Ja, sogar die häufig in besagten Foren erwähnten UFOs, die als Ursache der Lichter in Frage kämen, sind nicht von der Hand zu weisen. Zumal ein bekannter Fotograf (Emil Barnea, im Jahr 1968) wirklich äußerst bemerkenswerte Fotos hierzu veröffentlichte.
Was macht man also, wenn es so vielfältige Erklärungsmöglichkeiten zu geben scheint, und keine davon wirklich etwas eindeutig belegt? Dann war ein Besuch vor Ort offenbar die einzige Möglichkeit, sich mit eigenen Augen ein Bild davon zu machen.
Und diese Gelegenheit bot sich vor einigen Jahren. Eigentlich hatte ich meine Frau dazu überreden wollen, mal einen Urlaub der besonderen Art zu machen - Spukschloss-Besichtigungen in Schottland!
Ihre Begeisterung dafür hielt sich allerdings sehr in Grenzen!

„Dann lass uns doch Graf Dracula einen Besuch abstatten“, meinte ich eher scherzhaft, allerdings mit dem Hintergedanken, Rumänien schon mal als Reiseziel in die engere Auswahl zu nehmen. Dass sich der Hoia-Baciu-Wald in Rumänien befindet, wollte ich indes nicht schon im Vorfeld verraten. Auch wenn längst noch nicht feststand, dass meiner Frau dieses „Urlaubsland“ überhaupt gefallen könnte. Um so verwunderter sah ich sie daher an, als sie von ihrer Arbeitskollegin erzählte, deren Eltern aus Rumänien stammten und bei denen sie alljährlich ihren Urlaub verbrachte. Auch hatte diese damalige Arbeitskollegin meine Frau bzw. uns schon wiederholt zu einem gemeinsamen Urlaub nach Feleacu (deutsch: Fleck, von der Größe des Ortes her, könnte man eher sagen: Klecks) eingeladen. Glück, Zufall, Wink des Schicksals? Ich weiß es nicht. Jedenfalls liegt Lydias (Name der Ex.Kollegim meiner Frau) Heimatort nur wenige Autominuten vom Hoia-Baciu-Wald entfernt!

„... Und wenn wir nicht unbedingt eine Fünf-Sterne-Suite haben müssen“, sagte meine Frau „so ganz beiläufig“, „ein Gästezimmer wäre jedenfalls vorhanden.“
„Hört sich ja fast so an, als hättest du schon mit Lydia den, oder vielmehr: UNSEREN Urlaub festgelegt?“
Meine Frau schüttelte den Kopf: „Nein, natürlich nicht. Aber sie hatte mich vor einiger Zeit wieder mal drauf angesprochen und ich hab ihr gesagt, dass ich das mal mit dir besprechen würde. Aber du hältst nicht viel davon ... deinem Gesicht nach zu urteilen. Oder?“
„Wieso meinem Gesicht nach zu urteilen? Ich hab kein anderes Gesicht.“
Nun, langer Rede kurzer Sinn, wir fuhren in den Urlaub - nach Rumänien! Transylvanien, wir kommen!

Lydias Eltern empfingen (und bewirteten) uns mit einer Herzlichkeit, die ihresgleichen sucht.
Auch die Unterkunft ließ nichts zu wünschen übrig. Land und Leute (jedenfalls die, die wir kennenlernten) absolut empfehlenswert.

Nun aber zum eigentlichen Anlass, der mich nach Rumänien gezogen hatte. Oder war ich hierher gezogen worden ...? Ich lass es mal offen … Wie auch immer, wegen „Graf Dracula“ sind wir jedenfalls nicht hingefahren.
Meine bessere Hälfte machte zwar nicht gerade ein glückliches Gesicht, als ich ihr wenig später von meinem Vorhaben erzählte, mich in den Abendstunden mal ein bisschen im Hoia Bucia Wald umzusehen, aber nachdem ich ihr von den seltsamen Erscheinungen in diesem Wald erzählt hatte, meinte sie nur kopfschüttelnd: „Dann grüß du mir mal schön deine Geisterchen, ich stell derweil mit Lydia den Ort auf den Kopf, einverstanden?“
Ich nickte: „Klar doch. Jedem das seine ...“

Als ich allerdings zur späteren Stunde den Wagen in einer Parkbucht am Waldrand abgestellt und mich in den Wald hineinbegeben hatte, kamen mir bereits erste Zweifel an meinem Tun. Wie hoch mochte wohl die Wahrscheinlichkeit sein, dass sich ausgerechnet während meines Aufenthaltes hier und jetzt irgendetwas ereignen würde? Ich bin zwar ein nahezu unbelehrbarer Optimist, aber hatte ich dieses Mal meine Erwartungen nicht ein wenig zu hoch angesetzt? Was heißt ein wenig - viel zu hoch, wie ich mir auf dem Weg durchs Unterholz mehr als einmal eingestehen musste.
Nach etwas mehr als zwei Stunden brach ich meine Suche ab. Eine Suche, von der ich nicht einmal genau wusste, wonach ich überhaupt suchte.
Im Wald war ich zwar erfolglos gewesen, dafür machte ich kurz vor dem Ortsende eine unerwartete Entdeckung: Wie in einem Straßencafe saßen meine Frau und Lydia mit drei weiteren Frauen an einem Tisch in einem kleinen Vorgarten. Natürlich wurden auch die Damen auf mich aufmerksam, winkten und gestikulierten, mich zu ihnen zu gesellen.

„Na, was Seltsames entdeckt?“, wollte meine Frau wissen, nachdem ich mich den noch unbekannten Damen und diese sich mir vorgestellt hatten.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nee, du. Wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein. Aber wir sind ja noch ein paar Tage länger hier ...“
„Jetzt sag aber nicht, dass du dir jede Nacht hier im Wald um die Ohren schlagen willst ...?!“
„Du warst im Hoia-Baciu?“, fragte Vera, eine der Freundinnen von Lydia.
Ich nickte: „Ja. Hab über den Wald seltsame Dinge gelesen und wollte mal selber nachsehen“, antwortete ich.
„Du willst die Lichter sehen?“
„Weißt du was darüber?“, horchte ich sofort auf.
„Alle hier im Ort kennen diese Lichter, aber niemand hat eine Erklärung dafür. Hat auch schon viele Untersuchungen hier deswegen gegeben. Aber rausgefunden hat noch nie jemand was.“
„Hast du diese Lichter auch schon selbst gesehen?“, fragte ich.
„Schon öfter, ja, aber ich ein bisschen Angst. Geh nicht gern alleine dort in den Wald, wo die Lichter kommen. Ist wie ein Spuk. Erst ist nix und ganz plötzlich sind die Lichter da.“
„Kommen diese Lichter von oben? Also quasi vom Himmel runter?“, bohrte ich weiter, wobei ich mich an eines der Fotos erinnerte, das der Fotograf Emil Barnea (1968) geschossen und veröffentlicht hatte.
„Weiß nicht, aber kann sein. Manchmal sind die Lichter über den Bäumen, oder hoch dazwischen, manchmal auch auf den Wegen direkt vor einen, aber nicht so nah, immer weiter weg. Mal mehr, mal weniger weit ...“
„Kannst du mir die Stelle zeigen, wo du die Lichter gesehen hast?“, bat ich Vera.
Sie nickte zwar, meinte allerdings: „Die kann dir jeder hier zeigen. Und auch die Stelle im Wald, wo nichts wächst. Angeblich, weil dort mal ein UFO gelandet ist.“

Von angeblichen UFO-Sichtungen hatte ich natürlich ebenso gelesen, wie von den seltsamen Licht- bzw. Geister-Erscheinungen. Ein UFO-Landeplatz war mir allerdings nicht geläufig

Meine Frau war weniger von meinem Ansinnen begeistert - und machte das mit einem einzigen vorwurfsvollem „Jens!!!“ deutlich.
„Ist ja schon gut“, beschwichtigte ich auch augenblicklich, fügte aber auch hinzu: „Wäre aber 'ne super Gelegenheit ...“
Und gedanklich ergänzte ich: Und morgen ist ja auch noch ein Tag ....
Als ob meine Frau meine Gedanken gelesen hätte: „Lass uns morgen mal in aller Ruhe drüber reden, okay? Ich sehne mich jetzt nämlich nur noch nach eines – nach einem Bett!“
Lydia hatte offensichtlich gleiche Ambitionen: „Ja. Lassen wir's für heute gut sein. Bin auch sehr müde.“

Nach einem reichlichen Frühstück am folgenden Tag unternahmen wir eine ausgedehnte „Städtereise“ kreuz und quer durch Cluj-Napoca (Klausenburg) und erkundeten später mit dem Wagen die Umgebung innerhalb eines größeren Radius'. Dass wir dabei bis ans Randgebiet des Hoia-Baciu-Waldes kamen, war zwar nicht vorsätzlich eingeplant, aber auch nicht ganz zu vermeiden gewesen. Das Waldgebiet umfasst eine Fläche von rund 300 ha, also knapp drei Quadratkilometer, die sich nahezu an Klausenburg anschmiegen.

Lydia, die sich uns als Reiseführerin unserer Tour angeschlossen hatte, ließ sich plötzlich vernehmen: „Ein Stück weiter vorn gabelt sich die Straße. Rechts geht's Richtung Wald, und zwar genau auf die Stelle zu, wo am meisten Lichter gesehen wurden und noch gesehen werden. Die linke Richtung bringt uns in einem großen Bogen zurück in den Ort ...“
Ich kam nicht einmal dazu, zu fragen, welche Richtung ich einschlagen soll!

„Links!“, kommandierte meine Frau augenblicklich, worauf Lydia lachend fragte: „Angst?“
„Nein, Lydia, das ist nicht direkt Angst. Aber wenn du wüsstest, was wir in all den Jahren schon für seltsame und bisweilen richtig unheimliche Erlebnisse hatten, dann würdest du sicher auch alles vermeiden, was solchen Situationen eventuell hervorrufen könnte. Glaub mir.“
„Was meinst du damit Siggi?“, fragte Sylvia, die sich aus der Andeutung meiner Frau keinen Reim machen konnte.
„Ich erzähl's ein andermal, Lydia. Vielleicht an einem der nächsten Abende, bei einem Gläschen von eurem tollen Wein...“
„Du machst es ja ganz schön spannend.“
„Ist ja auch 'ne spannende Gegend hier“, erwiderte meine Frau und hatte fortan nur noch Augen für die uns umgebende Landschaft …

Für den folgenden Tag hatten sich die Damen, fünf an der Zahl, für eine Shopping-Tour nach Cluj-Napoca verabredet, und wir vereinbarten für die Nachmittagsstunden einen Treffpunkt im kleinen Gasthof von Fleck, dessen Inhaberin ebenfalls eine Freundin von Lydia war.
Ich nutzte natürlich die Gelegenheit, um mich wieder im Hoia-Baciu-Wald umzusehen, obwohl ich mir auch dieses Mal nicht die geringsten Erfolgsaussichten davon versprach. Denn wer konnte am hell-lichten Tag schon mit irgendwelchen Licht- oder gar Spuk-Phänomenen rechnen?
Aber Optimisten sind wohl so...

Ich hatte das Gehölz gute vier Stunden durchstreift, bin dabei durch Senken gestolpert und habe mir im wahrsten Sinne des Wortes die Augen aus den Höhlen gestarrt. Mein Mühen und Plagen brachte mir allerdimgs nichts weiter ein als eine Menge Kratzer und eine ziemlich desolate Bekleidung. Dass ich den angeblichen UfO-Landeplatz auch nicht gefunden hatte, sei dabei nur am Rande erwähnt.

Aber das bald darauf Kommende beschäftigt mich bis heute noch ...

Nicht gerade frohgelaunt machte ich mich also auf den Heimweg. Niemand daheim, also duschte ich erst einmal ausgiebig, wechselte die Klamotten und fuhr dann die kurze Strecke zum Gasthof mit dem Wagen. Für heute hatte ich von Fußmärschen aller Art erst einmal genug.

Trotz der relativ frühen Nachmittagszeit war der Gasthof recht gut besucht, was mich ein wenig verwunderte. Von den „Shopping-Damen“ konnte ich niemand entdecken, also stellte ich mich an die rustikale Theke und hoffte, dass die Wirtin meine Bestellung „Ein Bier, bitte“ verstanden hatte.
Dass mich diese Wirtin irgendwie ungläubig anstarrte, bemerkte ich erst so richtig, als ich registrierte, dass offenbar sämtliche Gespräche der anderen Anwesenden verstummt waren und mich alle anstarrten, als sei ich selbst ein Gespenst aus dem Hoia-Baciu-Wald. Urplötzlich setzte da aber das Stimmengewirr wieder ein. Allerdings irgendwie aufgeregter und lauter als bei meinem Eintreten.
Die Wirtin schien sich wohl vergewissern zu wollen: „Du ... und deine Frau seid Lydias Besuch?“

Dass man hier keinen allzu großen Wert auf überflüssige Höflichkeitsfloskeln zu legen schien, war mir schon bei unserer Ankunft angenehm aufgefallen: Hier duzte jeder jeden. Sollte mir nur recht sein.

Ich nickte: „Hat sich wohl schon rumgesprochen, hmm?“
Diesmal nickte sie: „Und ob. Passiert ja nicht sooo oft, dass sich Ausländer hierhin verlaufen. Mal abgesehen von den gelegentlichen Trupps, die unseren Wald mehr kaputtmachen als eine Horde wildgewordener Wildschweine!“
Meinen fragenden Blick deutete sie absolut richtig: „Der Wald ist nunmal bekannt geworden. Die seltsamen Lichterscheinungen, und so, du verstehst? Ich glaub, die halbe Welt ist deswegen schon hier gewesen. Kleine und große Gruppen. Fernsehteam war ebenfalls schon da. Aber die sind nach zwei Tagen wieder weg, weil sich kein Licht gezeigt hat. Und was sich nicht alles Forscher nennt und sich wichtig macht ... klar, paar richtige Forscher haben wir hier auch gesehen. Parapsychologen, UFO-Forscher und so Leute. Aber auch viele, viele ...“, sie machte eine bedeutungsvolle Pause, ehe sie anfügte: „Spinner!“
Doch dann sagte sie etwas, das mir die Sprache verschlug: „Du bist doch auch in den Wald rein, richtig?“
Ich nickte und erklärte: „Ja, vorgestern war ich zum ersten Mal dort, heute Vormittag bin ich auch wieder hin ...“

Ihr Kopfschütteln verwirrte mich – und ihre Reaktion noch mehr. Denn sie wandte sich ab, griff nach ihrem Handy und plapperte aufgeregt hinein. Leider auf Rumänisch, wovon ich kein Wort verstand.

„Was war im Wald?“, wollte sie anschließend von mir wissen.
Ich zuckte mit der Schulter und antwortete: „Eigentlich nichts weiter. Hab mir ein paar Kratzer und dreckige Klamotten geholt. Aber was ich gesucht habe, habe ich nicht gefunden ...“
„Vielleicht doch“, orakelte sie da geheimnisvoll und blickte mich weiter aus großen Augen an.
„Du sagst, du warst vorgestern im Wald?“
„Ja, und heute wieder. Meine Frau macht mit ein paar Freundinnen 'nen Stadtbummel. Auf sowas steht ich nicht gerade und bin deshalb lieber wieder in den Wald ...“
Wieder ihr Kopfschütteln: „Du wirst seit gestern vermisst!“
„Ich werde – was?“
„Vermisst. Deine Frau und die anderen sind gestern nach Cluj-Napoca und du in den Wald gefahren. Hinterher wolltet ihr euch hier bei mir wieder treffen. Wer nicht kam, warst du. Das war vor genau gestern. Ein paar Leute sind abends los und haben dich am und im Wald gesucht, aber nicht gefunden. Auch vom Auto haben sie nichts gesehen. Da haben sie gedacht, dass du irgendo anders sein wirst und sind zurückgekommen. Aber als du heute noch immer nicht aufgetaucht bist, sind deine Frau und ein paar von uns zur Polizei nach Cluj-Napoca gefahren. Wo bist du denn gewesen?“
Ich spürte einen gewaltigen Kloß im Hals und krächzte fast heiser: „Ich war im Wald ...“

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich verwirrt dagesessen und vor mich hingestiert hatte, bis plötzlich die Tür zum Gastraum fast aus den Angeln gerissen wurde und ich meine Frau auf mich zustürmen sah. Haltlos weinend hing sie an meinem Hals.
„Jens … Jens … wo … wo bist du gewesen … ich hatte solche Angst … wo warst du?“
Ich spürte eine kräftige Hand auf meiner Schulter:
„Herr ...“, ein Uniformierter sah auf seinen Notizblock, „..Herr Eitiger. Erklärung bitte.“
Der Polizist sprach gebrochenes Deutsch, aber durchaus verständlich. „Sie gelten eigentlich als vermisst. Ihre Frau hat Sie soeben als vermisst gemeldet. Können Sie sagen, wo Sie gewesen sind?“
Ich nickte: „Ja, sicher, ich war im Wald. Ich erforsche sogenannte übernatürliche Phänomene.“
„Was gefunden?“
Ich schüttelte den Kopf: „Nein. Leider.“
„Dachte ich mir. Was man über den Hoia-Baciu-Wald hört und liest, sind überwiegend Hirngespinste. Ufos, Geister, Lichter … hab davon jedenfalls noch gar nichts gesehen, glauben Sie mir. Woran die Leute so alles glauben, ist kaum zu glauben... Fakt ist allerdings, dass Sie gegen 10 Uhr dreißig zum Wald gefahren sind. Das wissen wir von Ihrer Frau ...“
„Ist auch richtig“, bestätigte ich. „Die Damen wollten zu einem Stadtbummel aufbrechen, ich mir in der Zeit den Wald ein bisschen mehr unter die Lupe nehmen.“
„Hat ihre Frau auch gesagt. Dann erzählen Sie mir jetzt, was passiert ist.“
„Nichts ist passiert“, beteuerte ich und rekonstruierte mein weiteres Vorgehen so gut ich konnte.

Das große Fragezeichen, das jedoch über allem stand war die offensichtliche Tatsache, dass ich von einem für mich heute bestehenden Tag erzählte, der für die anderen aber offenbar schon gestern gewesen war.
„Dann schildern Sie mir bitte, was passiert ist“, wiederholte der Beamte, „und zwar von da an, als Sie in den Wald aufgebrochen sind, während sich Ihre Frau mit einigen Frauen von hier nach Cluj-Napoca begaben.“
„Hören Sie, „beharrte ich natürlich darauf, dass das nicht am gestrigen Tag, sondern genau heute der Fall gewesen war. „Das war heute! Heute Vormittag, verstehen Sie?! Gegen halb elf habe ich mich von meiner Frau und unserer Bekannten verabschiedet, haben eine ungefähre Uhrzeit ausgemacht, wann wir uns wieder hier, genau hier in dieser Gaststätte, nachmittags wieder treffen. Ich bin frühzeitiger hier gewesen, wie die Wirtin Ihnen bestätigen wird.“
„Was Sie auf den heutigen Tag beziehen...“
„Natürlich. Auf welchen Tag sonst?“

Allmählich nervte mich der Beamte. Und dann fragte er übergangslos:„Welchen Tag haben wir denn heute, Herr Eitiger?“
„Wie? Welchen Tag haben wir? Freitag. Und das schon den ganzen Tag lang.“
„Meinen Sie. Ich sage Ihnen aber, dass es NICHT Freitag ist, sondern Samstag.“

Was sollte das denn jetzt? Lebte man hier nach einem anderen Kalender? Ziemlich unwahrscheinlich, aber wie kam der Mann darauf, dass heute Samstag wäre.
Oder erlaubten die Menschen sich hier mit „dem Ausländer“ einen ziemlich kuriosen Witz? Von wegen Geisterwald und Gruselfeeling und so.
Allerdings machte der Beamte so gar kein spaßiges Gesicht, und meine Frau klammerte sich nach wie vor an meinen Arm, dass es fast schon schmerzte.

„So!“, meinte ich schließlich durchatmend, „ihr wollt mir allen Ernstes weißmachen, dass es Samstag ist, während ich absolut sicher bin, dass wir Freitag haben...“
„Es ist Samstag, Schatz“, fiel mir da meine Frau auch noch in den Rücken. Die Tränen, die ihr dabei über die Wangen rollten, ließen mich nicht länger an einen Scherz denken.
Aber was war passiert? Diese Frage knüppelte sich förmlich in mein Hirn!

Ich blickte um mich, sah in die Gesichter der Gäste, deren Anzahl inzwischen zugenommen hatte.
Fragend blickte ich in die Runde: „Samstag, heute, ja?“
Von einigen bekam ich kopfnickend Antwort: „Richtig, heute Samstag!“

Mir wurde schwindlig. Die Legende des Hoija-Bucia kam mir in den Sinn, der Schäfer, der mitsamt seiner Herde von 200 Schafen in den Wald gegangen, aber nie wieder herausgekommen sei...

Sollte mir Ähnliches passiert sein? Nur mit dem Unterschied, dass Schäfer samt Herde auf Nimmer-wiedersehen verschwunden blieben, während mich der Wald nur einen Tag lang sozusagen verschluckt gehabt hatte? Einen Tag, an den mir jegliche Erinnerung fehlte? Das konnte nicht sein. Ich erinnerte mich praktisch an jeden Schritt durch den Wald, hatte zu keinem Zeitpunkt auch nur das Gefühl gehabt, dass etwas „unnormal“ sein würde. Ein „zeitbezogener Stillstand“ kam auch nicht in Frage, denn ich war ständig in Bewegung gewesen, hatte nirgendwo Rast gemacht oder eine längere Pause eingelegt.

Ein unsichtbares Zeitportal, das ich durchschritten hatte ohne es zu bemerken, und das mich um rund 24 Stunden „nach vorn“ katapultiert hatte? War so etwas überhaupt möglich?

Von einem solchen Phänomen hatte ich jedenfalls noch nie gehört. Aber dann erinnerte ich mich an eine alte Erzählung, in der von einem jungen Mädchen die Rede ist, das über Jahre hinweg als vermisst galt. Doch als es irgendwann wieder auftauchte, war es um keinen Tag gealtert. Das Mädchen hatte sogar noch die Bekleidung getragen, die es am Tag des Verschwindens getragen hatte.

War mir derartiges passiert? Schön, ein Tag würde an meinem Aussehen wohl nichts geändert haben, aber Bartstoppeln hätten sich zumindest deutlich bemerkbar machen müssen. Taten sie aber nicht. Ich war zwar nicht mehr so glatt rasiert, wie ich es heute morgen nach der morgendlichen Rasur gewesen war, aber ein Dreitage-Bart war das noch lange nicht.

Solcherart Gedanken rasten binnen weniger Sekunden durch meinen Kopf.

Die Worte des Beamten rissen mich in die gegenwärtige Realität zurück:
„Sie können mir also nicht sagen, wo Sie am gestrigen Tag abgeblieben sind?“
„Ich kann mich nur wiederholen: Für mich ist der heutige Tag Freitag, und an dem bin ich zum Wald hin:“
Abrupt beendete der Polizei-Beamte das Gespräch:
„Wie lange gedenken Sie in Feleacu zu bleiben?“
„Im Lauf der kommenden Woche wollten wir wieder zurück nach Deutschland“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Der Mann nickte: „Gut. Kommen Sie bitte am Montag zum Revier nach Cluj-Napoca. Für's Protokoll.“
„Geht klar“, sagte ich, obwohl für mich längst nicht alles klar war.

Nachdem der Beamte wieder gegangen war, wollten etliche der Anwesenden mehr über meinen Verbleib wissen, aber nachdem sie begriffen, dass ich ihnen absolut gar nichts weiter dazu sagen konnte, überließen sie mich sozusagen meinem Schicksal und wandten sich wieder ihren zuvor gehabten Gesprächen an den einzelnen Tischen zu. Andere gingen wieder. Die, die blieben, warfen gelegentlich noch verstohlene Blicke zu mir bzw. zu unserem Tisch herüber …

Nicht nur in dieser Nacht lag ich noch lange wach und grübelte über das Geschehene nach.

Irgendwann danach, wir waren längst wieder zuhause, kam mir folgender Gedanke: Man hatte nach mir gesucht, aber nicht gefunden, und auch meinem Wagen hätte man nicht finden können. Daraus schloss ich letztendlich, dass ich vermutlich nicht im Wald „abhanden“ gekommen war, weil man sonst den Wagen hätte entdecken müssen. Von dem fehlte jedoch ebenfalls jede Spur. Für mich hieß das: Ich wurde samt Auto „zeitversetzt“. Das wiederum kann eigentlich nur entweder bei der Hinfahrt zum Wald oder als ich davon wieder wegfuhr passiert sein.
Das war jedenfalls meine Schlussfolgerung.
Ob das tatsächlich so andem gewesen ist, mag die geschätzte Leserschaft und jeder für sich selber entscheiden … ich bin bis heute zu keiner zufrieden stellenden Antwort gekommen.
Fakt ist trotz aller Fragen: Wo bin einen ganzen Tag lang abgeblieben? Einen Tag, von dem mir jegliche Erinnerung fehlt ...

 

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